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Rechtspopulisten entzaubern: Was ist faul am „vollen Boot“?

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Wutbürger, Pegida, AfD – Rechtspopulismus erscheint als ein neues Phänomen in der bundesdeutschen Gesellschaft. „Ist es aber nicht“, sagt Sarab Aclan und erinnert an die Kampagne der Republikaner zu Beginn der 90er Jahren. „Das Boot ist voll“, sei ein Slogan mit einer Bild-Metapher, die sich in Stil und Wortwahl nicht von heutigen Rechtspopulisten unterscheide, sagt die Referentin der DGB-Jugend im Kreis Minden-Lübbecke. Bei einem Workshop für Lehrkräfte wurden solche Bilder durchleuchtet, Sprüche entlarvt und Strategien gegen die Argumente von Rechtspopulisten entwickelt. Das Kommunale Integrationszentrum des Kreises Minden-Lübbecke unterstützte das mehrstündige intensive Seminar.


„Rechtspopulismus entzaubern: Eine kritische Auseinandersetzung“ ist ein Workshop-Konzept, das der Arbeitskreis Antifaschismus der DGB-Jugend NRW im Frühjahr (2017) entwickelt hat.  Jugend-, Betriebs- sowie Bündnisgruppen und weitere Gremien haben es seitdem gebucht.  Susanna Bormann, stellvertretende KI-Leiterin, hatte die Idee, die Veranstaltung auch für Lehrerinnen und Lehrer im Kreis Minden-Lübbecke anzubieten. „Wir haben aktuell 18 Schulen im Kreis, die am Schulnetzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“  (SoR/SmC) teilnehmen. Diesen Schulen wollten wir Methoden anbieten, die sie in Ihrer Arbeit anwenden können“, sagt Bormann.

Was auf starkes Interesse traf bei motivierten Teilnehmern, sagt Sarab Aclan von der DGB-Jugend. „Dabei ging es um sehr aktuelle Fragen aus dem Alltag der Teilnehmenden: Wie kann man Rechtspopulismus in der Schule begegnen? Wo beginnen Diskriminierung und Rassismus? Warum haben rechtspopulistische Positionen Anschluss an die Mitte der Gesellschaft gefunden?“

Klaus Lindemann von der Kurt-Tucholsky-Gesamtschule in Minden war einer der teilnehmenden Pädagogen. Der erfahrene Lehrer für Deutsche, Religion und Gesellschaftskunde erlebt im Unterricht immer wieder, wie Schüler „nachplappern, was sie zuhause gehört haben: etwa, wenn es um angebliche Vergünstigungen für Flüchtlinge geht“.

Genauso wichtig sei aber auch zu beobachten, „was auf dem Pausenhof passiert und gesagt wird“.
 

Einstieg mit „Zitate-Quiz“


Um eine gemeinsame Diskussionsbasis zu schaffen, ging es zu Beginn des Workshops um Definitionen und Differenzierung: Was ist eigentlich Rechtspopulismus? Was unterscheidet Rassismus und Diskriminierung? Für „Aha-Erlebnisse“ sorge an dieser Stelle immer wieder das „Zitate-Quiz“, hat Sarab Aclan festgestellt. „Die Teilnehmenden sollen raten, aus welchem Jahr ein Schlagwort oder Slogan stammt.“ Und sind dann oft überrascht, wie „alt“ der Slogan schon ist. So geht die Metapher vom „vollen Boot“ auf ein Zitat aus den Vierziger Jahren in der Schweiz zurück. Es wurde seitdem wiederholt von „rechter“ Seite in die politische Debatte gebracht.

Sarab Aclan glaubt, dass die Ursprünge von Diskriminierung häufig nicht durchschaut würden. Das Muster sei immer das gleiche: Am Anfang stünde eine „Gruppenkonstruktion“. Das geschähe allerdings nicht durch die Einzelnen der „Gruppe“ selbst, sondern durch andere (das sog. Othering). „Dann wird diese Gruppe mit Eigenschaften versehen, die über alle verallgemeinert wird. Abweichungen werden nicht gesehen.“ Diesen Zuschreibungen können sie – auch global und gesamtgesellschaftlich – nicht entkommen, kritisiert Sarab Aclan.
Mit der „Fünf-Satz-Regel“ gegen rechtes Gedankengut

Copyright DGB NRW/ DGB Region OWL

Im zweiten Schritt ging es darum, abwertende Haltungen, die in der Gesellschaft geäußert werden, zu analysieren. Hier wurden einzelne Einstellungsmuster verglichen. Und schließlich gab es Anregungen für den konkreten Umgang mit solchen Situationen im Schulalltag. Erste Regel: „Ruhig bleiben! Nicht persönlich werden!“ Das nehme Schärfe aus der Kommunikation. Pädagoge Klaus Lindemann ergänzt, es sei wichtig, eine Beziehung zum betreffenden Schüler aufzubauen. „Man muss ihn zunächst so akzeptieren, wie er ist.“

Im Gespräch raten die Trainer dazu, selbst Themensprünge zu vermeiden, bei der Gegenseite aber solche zu benennen. „Eng am Einzelbeispiel bleiben, Widersprüche in der Argumentation des Gegenübers offenlegen.“  Als besonders wirkungsvoll habe sich dabei die sog. „Fünf-Satz-Regel“ erwiesen. Dabei wird in kurzen, einfach Sätzen der eigene Standpunkt erklärt, anstelle eines aufgeregten Wortschwalls. „Nicht gleich auf Anhieb das ganze Pulver verschießen“, lautet ihr Ratschlag. Zustimmung kommt von Deutsch-Lehrer Lindemann aus Minden. Er hat die Methode bereits bei Rollenspielen im Unterricht getestet und für effektiv empfunden.
 

Parolen stoppen – Grenzen aufzeigen


Ein „Allheilmittel“ ist aber auch das nicht. Sarab Aclan kennt die Grenzen des Möglichen. „Rechtsaffine können im besten Falle zum Nachdenken angeregt werden. Ein Überzeugen als solches ist nur bedingt bis gar nicht leistbar.“ Dennoch sei es wichtig, dass bspw. auf dem Schulhof eine rechte Einstellung nicht unwidersprochen bleibt. „Es ist nicht möglich, überzeugte Rechte und Neonazis innerhalb von wenigen Minuten mit einer Argumentation zu überzeugen“, sagt sie. Das Ziel könne sein, „Parolen-Gedresche zu stoppen und bei menschenverachtenden Äußerungen klare Grenzen aufzuzeigen“.

Am Ende führen weder Fakten, noch Statistiken oder schöne Grafiken zum Meinungswandel eines Rechtspopulisten. „Dann hilft es eher, Werte wie Freizügigkeit, Menschenwürde – oder zur Not – Nächstenliebe ins Spiel zu bringen.“ Dann werde der Kontrast zur rechten Positionen umso deutlicher. „Wir stellen damit rechten Parolen ein positives Menschenbild gegenüber, das auch bei Zuhörenden eher verfängt.“ 
 

Teilnehmer will Seminar in seiner Schule wiederholen


Susanna Bormann ist für das KI Minden-Lübbecke nach dem Seminar optimistisch angesichts der Rückmeldungen darauf. „Damit wurden die Teilnehmenden ermutigt, sich entschieden gegen Hass und Menschenfeindlichkeit zu stellen.“ Einer handelt ganz konkret: Lehrer Klaus Lindemann will seine Erfahrungen aus dem Workshop weitergeben. Er plant eine ähnliche Veranstaltung schulintern mit der SV der Tucholsky-Gesamtschule.
 

Ansprechpartnerin für weitere Informationen ist:
Susanna Bormann, KI Minden-Lübbecke
                                                                                                                                          
                                                                                                                                         Weitere Beiträge KI lokal
 
Bildnachweis
Foto1: KI Kreis Minden-Lübbecke
Foto 2: Copyright DGB NRW/ DGB Region OWL


 

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