In dieser Fragestunde bleibt nichts unbeantwortet


Darf ein geflüchteter Mensch seine in Hamburg lebende Frau zu sich nach Holzwickede holen? Wann kann ein Arzt aus Aleppo eine Hospitation im örtlichen Krankenhaus machen? In welche Maßnahmen vermittelt das Jobcenter anerkannte Flüchtlinge? Fragen wie diese haben ehrenamtliche Flüchtlingshelfer immer wieder. Im Kreis Unna bleiben sie nicht unbeantwortet. Jetzt kommt ein zusätzlicher Service – einmal im Quartal macht der Flüchtlingsrat eine Fragestunde. Dessen Geschäftsstelle führt seit einem Vierteljahrhundert das Kommunale Integrationszentrum (KI) des Kreises.
Das Engagement ist seit Jahren groß in den zehn Kommunen zwischen Lünen und Schwerte. 14 Ehrenamts-Initiativen für Flüchtlinge gibt es und einen weiteren Kreis von Interessierten in der Bürgerschaft. In der Vergangenheit kam ein Großteil der Anfragen telefonisch oder schriftlich und wurde von den Fachleuten schnell beantwortet. Dabei standen ausländerrechtliche Fragen im Mittelpunkt.

Um der stark gestiegenen Anzahl der Anfragen angemessen zu begegnen wurde Ende 2015 für Ehrenamt- und auch Hauptamtliche in der Flüchtlingsarbeit eine Fragestunde mit der Ausländerbehörde eingerichtet.
Im Verlauf des Jahres 2016 weiteten sich die Fragestellungen auch in die Zuständigkeitsbereiche der Agentur für Arbeit und des Jobcenters Kreis Unna (Einrichtung des „Integration Points“) aus. In den letzten Monaten kamen weitere Anfragen dazu, die das Aufgabengebiet des Fachbereichs Arbeit und Soziales des Kreises Unna tangierten.
Unter Federführung des KI wird deshalb im Februar dieses Jahres erstmals eine ausgeweitete gemeinsame Fragestunde angeboten. „Um ausländer- und leistungsrechtliche Fragen angemessen beantworten und somit den Integrationsprozess von geflüchteten Menschen unterstützen zu können“, sagt Anne Nikbin, stellvertretende Leiterin des KI Kreis Unna. „Das wird dazu beitragen, Transparenz im Tätigkeitsbereich von Ehrenamtlichen und Interessierten zu schaffen.“
Erfolgreiche Arbeit der Initiativen
Gleichzeitig wird der bewährte Service für die Informationssuchenden fortgesetzt. Einmal mit Monat veröffentlicht das KI Informationen des Flüchtlingsrates bzw. Protokolle aus dessen Sitzungen. In den gleichen Verteilerkreis gibt die Geschäftsstelle relevante Neuigkeiten, wie z.B. Fördermöglichkeiten von Konzeptideen, Schulungen im Ehrenamt, Hinweise zu Sprachförder-Apps wie auf gesetzliche Änderungen etc.

Die Fragen der örtlich engagierten Ehrenamtlichen sind vielschichtig. Beispiel Selm: Hier hatte eine Initiative einen Flüchtling in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt. Das kollidierte zeitlich mit dem schon begonnenen Integrationskurs. Was könnten sie tun, so wollten die Selmer Helfer wissen, um beides – Arbeit und Deutschkurs – für den Betroffenen möglich zu machen?
Top-Thema für Fragen: Familiennachzug
Viele Fragen drehen sich um das Thema „Familiennachzug“ und richten sich an die Ausländerbehörde des Kreises. Oder es geht um die „Residenzpflicht“: Darf eine Familie innerhalb des Kreises umziehen? Was muss getan werden, wenn ein Flüchtling nach der Anerkennung eine Wohnung im benachbarten Dortmund findet, wollte eine Flüchtlingsinitiative aus Holzwickede erst kürzlich wissen.

Das Kommunale Integrationszentrum sammelt und bündelt solche und ähnliche Fragen und leitet sie weiter an die genannten Fachstellen. Da sich der Umfang der Anfragen erweitert hat, wurde eine Steuergruppe eingerichtet, die sich aus Vertretern/innen der Fachstellen und dem KI zusammensetzt. Gemeinsam werden die Fragen gesichtet und thematische Überschneidungen diskutiert. Danach beantwortet jede Fachstelle ‚ihre‘ Fragen und leitet die Ergebnisse an das KI zurück. Das KI führt die Fragen und Antworten in einer Präsentation zusammen, die dann in einer der vierteljährlichen Fragestunden vorgestellt wird. Zusätzlich wird diese Präsentation per Mailverteiler allen Interessierten zugänglich gemacht
Gerade die berufsbezogenen Fragen entstehen aus konkreten Einzelfällen des „Flüchtlings-Alltags“. Da geht es etwa um die Rolle des „Integration points“ bei der Arbeitsvermittlung. Eine Helfergruppe aus Holzwickede wollte wissen, welche Unterstützung noch nicht anerkannte Flüchtlinge aus Ländern wie Syrien, Irak, Iran, Eritrea dort bekommen. „Die Verwaltung meldet diese Personen. Werden sie dann vom Integration-Point eingeladen, um ihnen Fördermöglichkeiten (Sprachkurse, Arbeitsmöglichkeiten) anzubieten?“
‚Special guests‘ zu Alltagsfragen
„Es zeichnet sich jetzt schon ab, dass diese kurzen Wege zwischen den Fachstellen den Zuwanderern zugutekommen“, ist Marina Raupach, Leiterin des KI Kreis Unna, überzeugt. Initiativen aus Schwerte und Fröndenberg vermeldeten, dass bereits 16 Geflüchtete in Arbeit bzw. in ein Praktikum vermittelt werden konnten. Weitere vier Personen haben sich um einen Arbeitsplatz beworben; eine endgültige Entscheidung zur Arbeitsaufnahme liegt noch nicht vor. „Diese guten Nachrichten sind nicht zuletzt auf das große Engagement der Ehrenamtsinitiativen zurückzuführen.“

Anne Nikbin geht davon aus, dass die zukünftigen Fragen aus noch weiteren Themenfeldern des Lebensalltags kommen werden. Deshalb werden über den Kreis der benannten ‚festen‘ Fachstellen hinaus auf Wunsch hin „Special guests“ eingeladen. Dazu gehören die Verbraucherberatung, die Polizei, das Jugend- und das Gesundheitsamt und andere Stellen. „Wir reagieren auf das, was die Ehrenamtlichen vorschlagen.“
Ansprechpartnerin für weitere Informationen ist
Anne Nikbin, KI Kreis Unna
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Bildnachweis
Fotos: Sevgi Kahraman-Brust, KI Kreis Unna